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Friedrich W. Murnau (1888–1931), bürgerlich Friedrich Wilhelm Plumpe, war ein Mann der leisen Töne. Ein „geistiger Mensch“1, der seine Missbilligung den Eltern gegenüber, die seine Homosexualität verurteilten, damit ausdrückte, dass er ab 1909 das Pseudonym „Murnau“ benutzte.2 Ebenso hatte er sich „ganz unauffällig [...] als einer der bedeutendsten Regisseure Europas erwiesen“3. Im Gegensatz zu vielen Kolleg*innen liebte er die „Abwechslung in der Wahl seiner Stoffe“4. Mit Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922) inszenierte er den allerersten Vampirfilm,5 verfilmte – in Babelsberg – mit Phantom (1922) den gleichnamigen Feuilletonroman von Gerhart Hauptmann6 oder brachte Goethes Faust (1926) in einer freien Interpretation auf die Leinwand.7 Dabei speiste er seinen künstlerischen Anspruch nicht aus literarischen Vorlagen oder durch Anleihen beim Theater, sondern aus den filmischen Mitteln selbst.8 Friedrich W. Murnau war sehr wählerisch in der Auswahl seiner Mitstreiter*innen9 und arbeitete deshalb mit den besten Künstler*innen zusammen.10 So ist es wenig verwunderlich, dass er und sein Team mit Der letzte Mann (1924), ebenfalls in Babelsberg gedreht, „einen der interessantesten und mutigsten Filme der Stummfilmzeit“11 hervorgebracht haben. Der Film schildert den sozialen Abstieg eines alternden Hotelportiers, der zum Toilettenwärter degradiert und vor allem seiner selbstwertstiftenden Uniform beraubt wird – fast gänzlich ohne erklärende Zwischentitel, mit bislang unbekannt beweglicher Kamera und einem gewagten Happy End.12 Der letzte Mann eröffnete Murnau den Weg nach Hollywood, wo er 1926 auch hinging, jedoch nach fünf Jahren und vier Filmen bei einem Autounfall verunglückte.13 Zu seiner Beerdigung kamen nur wenige: Der Vorwurf – ein anschließend widerlegtes Gerücht: Er habe den Unfall selbst ausgelöst, weil er seinen Fahrer sexuell befriedigt hätte.14

Der Regisseur Friedrich W. Murnau. 

© Deutsche Kinemathek

1 Heinrich Fraenkel: Unsterblicher Film. Die große Chronik. Von der Laterna Magica bis zum Tonfilm, München 1956, 156.

2 Vgl. anonym: F. W. Murnau, in: filmportal.de, https://www.filmportal.de/person/f-w-murnau_5e59e59709994b85afc6715f2286dce3.

3 Fraenkel: Unsterblicher Film, 156.

4 Ebd., 157.

5 Vgl. Liz-Anne Bawden, Wolfram Tichy (Hg.): rororo Filmlexikon. Filmbeispiele, Genres, Länder, Institutionen, Technik, Theorie
(Bd. 2, Filme K–S), Reinbek bei Hamburg 1978, 463.

6 Vgl. anonym: Phantom, in: filmportal.de, https://www.filmportal.de/film/phantom_ac3177fc867140d8898e646db498c207.

7 Vgl. Anton Kaes: Film in der Weimarer Republik. Motor der Moderne, in: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hg.): Geschichte des deutschen Films, Stuttgart 1993, 38–100, hier 91.

8 Vgl. ebd., 54.

9 Vgl. Fraenkel: Unsterblicher Film, 156.

10 Vgl. Liz-Anne Bawden, Wolfram Tichy (Hg.): rororo Filmlexikon. Regisseure, Schauspieler, Kameraleute, Produzenten, Autoren
(Bd. 5, Personen H–Q), Reinbek bei Hamburg 1978, 1218.

11 Fraenkel: Unsterblicher Film, 157.

12 Vgl. Kaes: Film in der Weimarer Republik, 57–58 und Bawden u. a. (Hg.): rororo Filmlexikon (Bd. 2), 384.

13 Vgl. Bawden u. a. (Hg.): rororo Filmlexikon (Bd. 2), 384 und ebd. (Bd. 5), 1219.

14 Vgl. Daryl Chin: Murnau, Friedrich Wilhelm (1888–1931), in: glbtqarchive.com, http://www.glbtqarchive.com/arts/murnau_fw_A.pdf.

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