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Hans Albers (1891–1960) hat sich als Münchhausen (1943, Regie: Josef von Báky) ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt. Seit der zeitgenössischen Filmkritik gilt er als Inbegriff des „Kerltum[s]“1, als „Plakat eines Volkshelden“2 ,der sich mit „Schmiß“ jeder Gefahr siegreich entgegenstellt3 und dabei „keß“ und „knorke“4 bleibt. Doch vor seiner Karriere als Prachtkerl5 war Albers beim Berliner Theaterpublikum als jungenhafter „süßliche[r] Liebhaber“ bekannt6 und hatte in unzähligen Stummfilmen vor allem Einbrecher und elegante Schurken gegeben.7 1922 war er als Der böse Geist Lumpaci Vagabundus (Regie: Carl Wilhelm) noch weit vom Image eines Mordskerls8 entfernt. Seine Statur eher schlaksig, hüpfte und sprang er fröhlich durch den Märchenfilm. Erst die Ufa baute Hans Albers speziell für den aufkommenden Tonfilm ab Ende der 1920er Jahre systematisch zum Heldendarsteller mit breiter Brust auf.9 Er nutzte von Anfang an die neuen Möglichkeiten des Tons, um seinen Heldenfiguren einen einzigartigen Habitus zu verleihen: Er „sprach keinen reinen Text, er murmelte Trostgeräusche, er streute unverständliches Zeug zwischen die Zeilen, allerlei akustischen Kehricht, halbe Wörter, kleine Seufzer, befriedigendes Gebrumm“10. Seine Fähigkeit, Drehbuchseiten in improvisierte und natürlich klingende Sprache umzuwandeln, ist einer

der Gründe, warum das Publikum ihn liebte, aber auch warum er nicht wie andere das Land verließ, um der Tätigkeit für den NS-Film zu entgehen. Die Ufa hätte Albers gerne in englischen Versionen seiner Filme besetzt, doch die Ergebnisse überzeugten nicht.11 Er war nicht in der Lage, in einer Fremdsprache auf vergleichbare Weise zu spielen.12 Außerdem wusste er, dass er seinen natürlichen Sprachstil nicht ins Exil mitnehmen konnte – seinen einzigartigen Heldentypus hätte er dort verloren.13 Hans Albers ging schließlich eine „komplexe Verbindung von Anpassung und Ablehnung“ ein und wurde der „größte Star eines Systems, dessen Vertreter er verachtet[e]“14.

Der Schauspieler Hans Albers als
Der böse Geist Lumpaci Vagabundus
(1922, Regie: Carl Wilhelm). 

© VWdF

1 Siegfried Kracauer: Ein feiner Kerl. Analyse eines Ufa-Films, in: Frankfurter Zeitung, 10.10.1931, zit. n. ders.:
Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films, Frankfurt / M. 1984, 505–507, hier 506.

2 Siegfried Kracauer: Zwei große Filmpremieren, in Frankfurter Zeitung, 28.11.1932, zit. n. ebd., 563–567, hier 567.

3 Siegfried Kracauer: Der weiße Dämon, in Frankfurter Zeitung, 29.1.1932, zit. n. ebd., 562–563, hier 563.

4 Siegfried Kracauer: Berliner Filmchronik, in Frankfurter Zeitung, 6.1.1931, zit. n. ebd., 473–474, hier 473.

5 Vgl. Siegfried Kracauer: Ein feiner Kerl, 506.

6 Rudolf Arnheim: Hans Albers, 1931, zit. n. Helmut H. Diederichs (Hg.): Rudolf Arnheim. Kritiken und Aufsätze zum Film,
München 1977, 292–293, hier 293.

7 Vgl. Kracauer: Von Caligari zu Hitler, 223.

8 Vgl. Siegfried Kracauer: Die verflossene Tonfilmsaison, in: Die neue Rundschau, 1931, zit. n. ebd., 462–465, hier 465.

9 Vgl. Chris Wahl: Multiple Language Versions Made in Babelsberg. Ufa’s International Strategy, 1929–1939, Amsterdam 2016, 82–90.

10 Arnheim: Hans Albers, 1931, 293.

11 Vgl. Wahl: Multiple Language Versions Made in Babelsberg, 90–101.

12 Vgl. ebd., 96.

13 Vgl. ebd., 98.

14 Michaela Krützen: Hans Albers. Eine deutsche Karriere, Weinheim, Berlin 1995, 241.

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