© Landeshauptstadt Potsdam / Dieter Chill

„Ich bezweifle nicht die große Darstellungskunst Georges; aber er ist nicht der Träger der Rolle, er paßt die Rolle sich an.“1 So fiel 1931
eine Kritik zu Heinrich George (1893–1946) als Franz Biberkopf in der Romanverfilmung Berlin – Alexanderplatz (1931, Regie: Phil Jutzi) aus. Lässt man die Filme Revue passieren, an denen George in der Weimarer Republik beteiligt war, ist ein Schema zu erkennen:
massige Proletarierfiguren, die sich durch „ein dunkles Gemisch aus Körperinstinkten, Gutmütigkeit und Brutalität“2 auszeichnen. Diese Filmfiguren und Georges Arbeit auf linken Theaterbühnen bringen seine politische Haltung zum Ausdruck. Eine seiner bekanntesten Rollen aus dieser Phase ist der Arbeiterführer Grot in Metropolis (1927, Regie: Fritz Lang). Zum Ende der Weimarer Republik begann Heinrich George nicht nur die Rollen an sich, sondern auch sich selbst an die neuen Verhältnisse anzupassen. In Hitlerjunge Quex (1933, Regie: Hans Steinhoff) gibt er immer noch einen gutmütigen proletarischen Kommunisten, der aber durch seinen nationalsozialistischen Sohn auf den „richtigen“ Weg gebracht wird.3 Joseph Goebbels war optimistisch, dass der Film bei den Zuschauer*innen die gleiche Wirkung entfalten würde.4 Bald war Georges Anpassung scheinbar perfekt. Er avancierte zum „Starschauspieler des Regimes“5, dessen Heldenfiguren nun „Opfer dunkler Triebe“ sind, sie ringen mit einem „geheimnisvollen Geschick[...]“6 oder sind propagandawirksam bereit, für das Vaterland alles zu geben. Doch George wusste auch seinen Status, der aus der Anpassung erwachsen war, subversiv auszunutzen. Als Intendant des Berliner Schiller-Theaters schütze er gefährdete Kolleg*innen vor Verfolgung und Fronteinsatz.7 Nach Kriegsende und seiner Internierung wurde er von Zeug*innen sowohl belastet als auch entlastet8 und 1998 von Russland rehabilitiert.9

Starporträt des Schauspielers 

Heinrich George. 

© Deutsche Kinemathek

1 Siegfried Kracauer: „Berlin – Alexanderplatz“ als Film, Frankfurter Zeitung, 13.10.1931, in: der:
Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films, Frankfurt / M. 1984, 508–510, hier 510.

2 Siegfried Kracauer: Bemerkungen zu Tonfilmen, Frankfurter Zeitung, 25.11.1939, in: ebd., 454–456, hier 456.

3 Vgl. Philipp Stiasny: Hitlerjunge Quex (D 1933, Regie: Hans Steinhoff). Filmeinführung vom 13. September 2011, Stiftung Deutsches Historisches Museum, https://www.dhm.de/fileadmin/medien/relaunch/zeughauskino/Stiasny_Hitlerjunge_Quex.pdf.

4 Vgl. Jerzy Toeplitz: Geschichte des Films (Bd. 3, 1934–1939), Berlin 1982, 255.

5 Ulrich Gregor, Enno Patalas: Geschichte des Films, München 1973, 154.

6 Ebd.

7 Vgl. anonym: Nachlässe von Heinrich George und Berta Drews in der Akademie der Künste, in: Akademie der Künste, 9.1.2006,
https://www.adk.de/de/presse/index.htm?we_objectID=2426, Ralf Schenk: „Bei ihm zu spielen, war eine Auszeichnung“. Götz George im Gespräch, in: film-dienst, Nr. 21, 2006, 22–24, hier 23 und anonym: Heinrich George, in: Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, https://www.stiftung-hsh.de/geschichte/speziallager/haftschicksale/heinrich-george/.

8 Vgl. Ulrich Eisenberg: Über Vollzugsbedingungen im sowjetischen Internierungslager Sachsenhausen. Eine fragmentarische Darstellung anhand eines Einzelschicksals, in: Wolfgang Feuerhelm, Hans-Dieter Schwind, Michael Bock (Hg.):
Festschrift für Alexander Böhm zum 70. Geburtstag am 14. Juni 1999, Berlin 1999, 819–833, hier 826–828.

9 Vgl. V.B.: George-Nachlass, in: film-dienst, Nr. 14, 2006, 4.

Zum Seitenanfang

Diese Website verwendet Cookies.
Bitte lesen Sie unsere Datenschutzerklärung für Details.

OK