© Landeshauptstadt Potsdam / Dieter Chill

„Suche für Filmvorhaben 500 000 Mark.“1 Wolfgang Staudte
(1906–1984) wollte unbedingt seinen Film Die Mörder sind unter uns umsetzen, doch da niemand in den westlichen Besatzungszonen bereit war, ihn zu unterstützen, hoffte er, über ein Zeitungsinserat weiterzukommen. Auf die Anzeige hatte sich niemand gemeldet, aber ein Kulturoffizier aus der sowjetischen Besatzungszone war schließlich von dem Stoff überzeugt.2 Gerade erst war der Zweite Weltkrieg beendet, da thematisierte Staudtes Drehbuch bereits die zerstörerischen Folgen von Kriegstraumata und die unbehelligte Rückkehr von Kriegsverbrechern in die Gesellschaft. Als Staudte am 17. Mai 1946 in den Althoff-Ateliers in Babelsberg seinen Film drehte, bekam er ungewöhnlichen Besuch: Es handelte sich um die Gäste der DEFA-Gründungsfeier, die soeben nebenan begangen worden war.3 Stolz zeigte man den Besucher*innen, dass die DEFA den allerersten Nachkriegsfilm bereits zur Hälfte im Kasten hatte. Die große Nähe zur DEFA blieb in den folgenden Jahren bestehen, denn Staudte verschaffte ihr mit Die Mörder sind unter uns und weiteren herausragenden Werken Anerkennung. Was die räumliche Nähe anbelangt, blieb er jedoch auf Distanz. Sein Arbeitsweg führte ihn immer über die Sektorengrenze, denn er blieb in West-Berlin wohnen und realisierte auch hier Filmprojekte.4 Indem er auf grenzüberschreitende Teamkonstellationen bestand5 und in seinen Filmen ein gesamtdeutsches Publikum ansprach,6 wollte er der zunehmenden Spannung zwischen Ost und West etwas entgegensetzen.7 Beide Seiten vereinnahmten Staudte abwechselnd als einen ihrer wertvollsten Künstler*innen – oder aber verunglimpften ihn.8 In der DDR griffen Filmfunktionäre in eine seiner Arbeiten zensierend ein,9 in der BRD durfte Der Untertan (1951) mehrere Jahre lang nicht gezeigt werden.10 Als er 1955 einen seiner Filme nicht

zu Ende führen konnte,11 beendete er die Arbeit für die DEFA. Er blieb ein produktiver Regisseur, der nun primär für das westdeutsche Fernsehen tätig war.12 In Erinnerung bleibt Wolfgang Staudte als ein „über den Fronten schwebender Freigeist“13, der dem deutschen Film nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer neuen filmkünstlerischen Blütezeit verhalf.14

Der Regisseur Wolfgang Staudte. 

© DEFA-Stiftung / Eugen Klagemann

1 Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hg.): Spur der Filme. Zeitzeugen über die DEFA, Berlin 2006, 35.

2 Vgl. ebd.

3 Vgl. ebd., 22.

4 Vgl. Ulrike Weckel: Wolfgang Staudtes Filme und deren Rezeption im Kalten Krieg, in: Thomas Lindenberger (Hg.):
Massenmedien im Kalten Krieg: Akteure, Bilder, Resonanzen, Köln 2006, 24-47, hier 27.

5 Vgl. ebd., 29.

6 Vgl. Poss u. a. (Hg.): Spur der Filme, 23.

7 Vgl. Weckel: Wolfgang Staudtes Filme und deren Rezeption im Kalten Krieg, 30.

8 Vgl. ebd., 28–29.

9 Vgl. Poss u. a. (Hg.): Spur der Filme, 26 und 55.

10 Vgl. Weckel: Wolfgang Staudtes Filme und deren Rezeption im Kalten Krieg, 33.

11 Vgl. Poss u. a. (Hg.): Spur der Filme, 100–103.

12 Vgl. CineGraph: Wolfgang Staudte, in: filmportal.de,
https://www.filmportal.de/person/wolfgang-staudte_a85453c56600403abece1e694da45446.

13 Weckel: Wolfgang Staudtes Filme und deren Rezeption im Kalten Krieg, 30.

14 Vgl. Poss u. a. (Hg.): Spur der Filme, 19–27.

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