© Landeshauptstadt Potsdam / Dieter Chill

Eduard von Winterstein (1871–1961) war ein ausgezeichneter Anpassungskünstler. Von den unzähligen Berliner Filmateliers, die wegen ihrer Namensähnlichkeit einst als „Heerlager der Afa, Befa, Cefa, Efa usw.“1 verspottet wurden, ging er zur Ufa und später zur DEFA, vom NS- zum DDR-Film. Selbst der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm, an dem viele Schauspieler*innen scheiterten, gelang ihm meisterlich. Winterstein verbrachte 70 Jahre auf der Theaterbühne2 und 50 Jahre vor der Filmkamera. In einem Nachruf ist zu lesen: „Eduard von Winterstein hat Blütezeiten, Sternstunden und Krisenjahre des Theaters, er hat Generationen von Schauspielern überdauert.“3 Entsprechend umfasst seine Filmografie über 240 Einträge.4 Als Hauptdarsteller im DEFA-Film Die Sonnenbrucks (1951, Regie:
Georg C. Klaren), der teilweise in Potsdam gedreht wurde, gewann der „Nestor der Schauspielkunst“ gegen Ende seiner Karriere den Best Actor Award des internationalen Filmfestivals in Karlsbad.5 In den 1950er Jahren wurde er dreifach mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet,6 1955 mit dem Goethepreis in Ost-Berlin.7 1957 endete die Ernennung zum Ehrenmitglied des Deutschen Theaters in Göttingen allerdings im Eklat: Seine Ehrung musste abgesagt werden – wegen Proteste, „bedrohliche[r] Äußerungen“ und des Vorwurfs, „er habe sich nach dem Kriege in der Sowjetzone als Aushängeschild benutzen lassen“.8 Kurz darauf wurde der zuständige Intendant vom Stadtrat „scharf gerügt“, weil die Ernennung ohne Absprache erfolgte.9 Selbst wenn Wintersteins „Wandlungen“ eine unpolitische Grundhaltung vermuten lassen: Er entschied sich bewusst für ein Leben in der DDR, das er als „Wahl des Besseren“ bezeichnete.10 Dazu gehörten jedoch auch filmzensorische Eingriffe, unter anderem in Die Sonnenbrucks.11

Der Schauspieler Eduard von Winterstein
in der Rolle des Professors Beheim in dem DEFA-Film Genesung (1956, Regie:
Konrad Wolf).

© DEFA-Stiftung / Rudolf Meister

1 Alfred Polgar: Berlin, Sommer 1922, in: Das Tage-Buch, Jg. 3, Nr. 29, 1922, 1031–1033, hier 1032.

2 Vgl. anonym: 70 Jahre auf der Bühne, in: Nordwest-Zeitung, 1.10.1959,
https://www.wiso-net.de/document/NOWH__3829cbe5893dd6c50ac29e8685f6e08001f219b0.

3 Anonym: Schauspieler Eduard von Winterstein gestorben. Der Älteste der alten Garde starb kurz vor seinem 90. Geburtstag,
in: Nordwest-Zeitung, 25.7.1961, https://www.wiso-net.de/document/NOWH__2d45dee3dae4118a433c91f1538add8418bf950a.

4 Siehe anonym: Eduard von Winterstein, in: IMDb, https://www.imdb.com/name/nm0903235/.

5 Vgl. Frank-Burkhard Habel, Volker Wachter: Lexikon der DDR-Stars. Schauspieler aus Film und Fernsehen, Berlin 1999, 367.

6 Vgl. ebd.

7 Vgl. anonym: Goethepreis für Annette Kolb, in: Nordwest-Zeitung, 29.8.1955,
https://www.wiso-net.de/document/NOWH__8e1dc7747b0281c1698191c4de6d3c40c2e5913c.

8 Anonym: Hilpert sagt Ehrung für Winterstein ab, in: Nordwest-Zeitung, 11.1.1957,
https://www.wiso-net.de/document/NOWH__5a066ae586f61a232a7d93f50c59ebc8c50584d3.

9 Anonym: Rüge für Hilpert, in: BILD am SONNTAG, 20.1.1957,
https://www.wiso-net.de/document/BISO__d5ad5ae43f1233f57c4125416c00227b41dd253b.

10 Siehe Eduard von Winterstein: Wahl des Besseren, in: Neues Deutschland, 25.6.1951,
http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/ddr-presse/ergebnisanzeige/?purl=SNP2532889X-19610725-0-4-0-0.

11 Vgl. Thomas Heimann: Erinnerung als Wandlung: Kriegsbilder im frühen DDR-Film, in: Martin Sabrow (Hg.):
Geschichte als Herrschaftsdiskurs. Der Umgang mit der Vergangenheit in der DDR, Köln 2000, 37–85, hier 42.

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