© Landeshauptstadt Potsdam / Dieter Chill

Die Filmkarriere des bedeutenden Theaterregisseurs Erich Engel (1891–1966) begann spät und endete wegen widriger Umstände.
Erst die Einführung des Tons Ende der 1920er Jahre weckte sein Interesse am Film, dann aber in vollem Maße, sodass er zwischen 1930 und 1935 ausschließlich Filmregie führte.1 In dieser Zeit entstanden einige der erfolgreichsten deutschen Komödien.2
Während des nationalsozialistischen Regimes inszenierte er Unterhaltungsfilme.3 Dabei entging Engel, dessen antifaschistische und prokommunistische Einstellung bekannt war, geschickt der Kontrolle durch das Propagandaministerium.4 Trotz einiger Zugeständnisse an die Nazi-Zensur gelang es ihm, seine Figuren mit Individualismus und freiem Willen auszustatten.5 1948 rechnete Engel mit dem Faschismus ab: Affaire Blum, in Babelsberg gedreht, ist der dritte Aufarbeitungsfilm der DEFA, der im Gegensatz zu seinen gefühlsgeladenen Vorgängern nicht die Opfer, sondern – analytisch und distanzierend – die Täter fokussiert.6 Nach einer wahren Geschichte eines zu Unrecht wegen Mordes angeklagten Juden deckt der Film die latent antisemitische gesellschaftliche Stimmung auf, die in den 1920er Jahren den Weg in die NS-Diktatur bereitete.7 Obwohl Engel für Blum den Nationalpreis der DDR erhielt, trennte er sich Anfang der 1950er Jahre nach einigen Querelen und Niederlagen von der sich zunehmend ideologisierenden DEFA8 und ging nach Hamburg. Doch die Pechsträhne setzte sich mit diversen Drehbuch- und Produktionsproblemen auf eine Weise fort, dass ein Kollege ihn als „eine tragische Figur in der Hand der Filmmanager“9 bezeichnete. „Die deutsche Filmindustrie hatte für einen avancierten Regisseur wie Erich Engel keine interessanten Aufgaben“10, sodass er ihr nach 25 Jahren den Rücken kehrte.

Der Regisseur Erich Engel bei den Dreharbeiten zu Affaire Blum (1948). 

© DEFA-Stiftung / Rudolf Brix

1 Vgl. Hans-Michael Bock: Erich Engel, in: filmportal.de, https://www.filmportal.de/person/erich-engel_0eddb0c79e21474ead15b1896957b120.

2 Vgl. Ines Walk: Erich Engel, in: DEFA-Stiftung, https://www.defa-stiftung.de/defa/kuenstlerin/erich-engel/.

3 Vgl. Liz-Anne Bawden, Wolfram Tichy (Hg.): rororo Filmlexikon. Regisseure, Schauspieler, Kameraleute, Produzenten, Autoren
(Bd. 4, Personen A–G), Reinbek bei Hamburg 1978, 951–952.

4 Vgl. Walk: Erich Engel.

5 Vgl. ebd.

6 Vgl. Wolfgang Gersch: Film in der DDR. Die verlorene Alternative, in: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hg.): Geschichte des deutschen Films, Stuttgart 1993, 323–364, hier 328 und Dagmar Schittly: Zwischen Regie und Regime. Die Filmpolitik der SED im Spiegel der DEFA-Produktionen, Berlin 2002, 36 und 38.

7 Vgl. Schittly: Zwischen Regie und Regime, 36–38.

8 Vgl. ebd., 36 und 38 sowie Walk: Erich Engel.

9 Das Zitat stammt vom Schriftsteller Hans Werner Richter und ist enthalten in Michael Töteberg: „Eine tragische Figur in der Hand
der Filmmanager“. Hamburger Episoden im Filmschaffen von Erich Engel, in: Hamburger Flimmern, Nr. 22, 2015, 38–43, hier 43.

10 Ebd.

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