Funktionen von Straßennamen


Straßennamen gehören zum Alltag. Sie informieren und geben Orientierung auf dem Weg von einem Ort zum anderen. 

Sie bündeln Straßen zu Bezirken und zeigen geografische Verhältnisse an. Sie sind ein Werkzeug für zahlreiche administrative und postalische Vorgänge, für die Organisation des Verkehrs, der Warenzirkulation und der Rettung von Menschen in Not.1


Straßennamen bieten aber auch die Möglichkeit, Geschichte(n) einer Stadt und Teile ihres politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erbes zu archivieren und nach innen und außen zu kommunizieren. Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Beziehung stehen oder für ein Land von Bedeutung sind, werden durch Straßennamen als erinnerungswürdig markiert. Außerdem können über Straßennamen grundlegende Werte und Zukunftsvisionen ausgedrückt werden.


Vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis etwa in die 1980er Jahre wurde die Straßennamen-Forschung von der Idee getragen, dass Straßenbenennungen wie ein Spiegel der Kulturgeschichte einer Stadt fungieren. Forscher*innen gingen also davon aus, dass aus den Straßennamen die Kulturgeschichte einer Stadt abgelesen werden kann.2 Doch ein einfacher Rückschluss von den Namen auf die Kulturgeschichte erwies sich als schwierig, weshalb diese Perspektive abgelöst wurde. 


Heute wird eine Straßenlandschaft 


als Palimpsest


als kulturelle Arena 


oder als performativer Raum verstanden.


1 Vgl. Reuben Rose-Redwood: Indexing the great ledger of the community: urban house numbering, city directories, and the production of spatial legibility, in: Journal of Historical Geography,
Bd. 34, Nr. 2, 2008, 286–310.

2 Vgl. Reuben Rose-Redwood, Derek Alderman, Maoz Azaryahu: The urban streetscape as political cosmos, in: dies. (Hg.): The Political Life of Urban Streetscapes. Naming, Politics, and Place, London, New York 2018, 1–24, hier 4. Eine Studie, die
davon ausgeht, dass soziokulturelle Trends aus Straßennamen abgelesen werden können,
ist Lawrence M. Baldwin, Michel Grimaud:
Washington, Montana, the Dakotas – and Massachusetts: A Comparative Approach to Street Naming, in: Names. A Journal of Onomastics, Bd. 37, Nr. 2, 1989, 115–138. Die Annahme der Spiegelfunktion findet sich auch in Yoram Bar-Gal: Cultural-Geographical Aspects of Street Names in the Towns of Israel, in: Names. A Journal of Onomastics, Bd. 37, Nr. 4, 1989, 329–344.

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