© Landeshauptstadt Potsdam / Dieter Chill

Als Lilian Harvey erfuhr, dass sie am Ende des Films Ich und die Kaiserin (1933) mit der Figur Didier zusammenkommen sollte – gespielt von Heinz Rühmann (1902–1994) – soll sie verkündet haben: „Ich mach’ den ganzen Film nicht, wenn ich den Veidt nicht kriege!“1 Sie wollte ein Happy End mit Conrad Veidt – einem attraktiven männlichen Star, und Rühmann war das für sie nicht.2 Wahrscheinlich konnte dieser darüber nur lachen, denn mit seiner einzigartigen Mischung aus körperlichem Slapstick, Sprachwitz und Gesang3 hatte er bereits Standards für das neue Genre der Tonfilm-Operette4 gesetzt und war längst dabei, ein populärer Schauspieler zu werden.5 Sein Star-Image wurde allerdings nie dasjenige eines romantischen Helden, in dessen Arme sich die Heldin am Ende lustvoll fallen lässt. Er war vielmehr der witzige kleine Mann6 an der Seite des großen maskulinen Heros.7 Dass Heinz Rühmann trotz seiner privilegierten Stellung unter den Nationalsozialisten8 nach 1945 ein populärer Schauspieler blieb, bis Anfang der 1980er Jahre in unzähligen erfolgreichen Filmen zu sehen war9 und heute zu den „beliebtesten deutschen Schauspieler[n] aller Zeiten“10 zählt, liegt daran, dass er die autoritären Männlichkeitsideale der Nazis immer wieder konterkariert hatte11 und den Wechsel ins ernste Fach meisterte.12 Er blieb der kleine, aber nunmehr melancholische Mann,13 in dessen leisem Humor die Vergangenheit mitschwingt. Vermutlich hätte Rühmann auch darüber gelacht: Es ist ausgerechnet sein Schlager aus Fünf Millionen suchen einen Erben (1938, Regie: Carl Boese), dessen Refrain viele heute singen können, obwohl sie den Film nie gesehen haben:


Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frau’n

Weil ich so stürmisch und so leidenschaftlich bin 

Mir braucht nur eine ins Auge zu schaun

Und schon isse hin!14

Fotografie des Schauspielers Heinz Rühmann, die als Motiv für eine Ufa-Starpostkarte genutzt wurde. 

© Ufa / Baumann

1  Friedrich Hollaender: Von Kopf bis Fuß. Revue meines Lebens, Berlin 2001, 249.

2 Vgl. Chris Wahl: Multiple Language Versions Made in Babelsberg. Ufa’s International Strategy, 1929–1939, Amsterdam 2016, 132.

3 Vgl. Sabine Hake: Heinz Rühmann und die Inszenierung des „kleinen Mannes“, in: montage AV, Bd. 7, Nr. 1, 1998, 33–56, hier 36.

4 Vgl. Michael Wedel: Der deutsche Musikfilm. Archäologie eines Genres 1914–1945, München 2007, 269.

5 Vgl. Sabine Hake: Rühmann, 36.

6 Vgl. Christian Maintz: „Könntest du einen Mann lieben, der so klein ist wie ich?“ Der Körper des Komikers – die Komik des Körpers, in: Knut Hickethier (Hg.): Komiker, Komödianten, Komödienspieler, Remscheid 2005, S. 38–53.

7 Vgl. Hake: Heinz Rühmann, 36.

8 Vgl. ebd.

9 Vgl. anonym: Heinz Rühmann, in: filmportal.de, https://www.filmportal.de/person/heinz-ruehmann_099d6835b3754e6c9d26ec4d910238e5.

10 Alexander Vogel, Marcel Piethe: Filmstadt Potsdam. Drehorte und Geschichten, Berlin 2013,158.

11 Vgl. Hake: Heinz Rühmann und Knut Hickethier: Komiker, Komödianten, Komödienspieler. Zur Einleitung, in: ders. (Hg.):
Komiker, Komödianten, Komödienspieler, 7–20, hier 7.

12 Vgl. Hake: Heinz Rühmann, 37.

13 Vgl. ebd.

14 Auch Torsten Körner beendet einen Beitrag über Heinz Rühmann mit dem Verweis auf diese Strophe des Schlagers: siehe Torsten Körner: „Kleinlauter Herzensbrecher“, „schüchterner Draufgänger“. Heinz Rühmann als komischer Liebhaber, in: Hickethier (Hg.): Komiker, Komödianten, Komödienspieler, 66–73, hier 72.

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